Informationen über Konzertinas

Auf dieser Seite geht es vor allem um die Deutsche Konzertina.

Die Besonderheiten der anderen Konzertinatypen werden kurz erklärt. Wer es genauer wissen möchte, sei auf die Link-Seite verwiesen.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es gibt viele verschiedene Konzertina-Typen und noch mehr Bezeichnungen. Das liegt daran, dass die Instrumentenbauer recht flexibel waren. Sie haben die Instrumente weiterentwickelt und sind auf die Wünsche ihrer Kunden eingegangen. Wurden weiterere Töne gewünscht, hat man geschaut, wo auf dem Griffbrett noch Platz war, Löcher gebohrt und neue Knöpfe angebracht  ;-) Die Entwicklung der Metallzungen-Instrumente begann zu Beginn des 19. Jahrhunderts fast gleichzeitig an verschiedenen Orten.

Man kann sich also prima streiten, wer nun der eigentliche Erfinder war.

Eine gute Darstellung über die Geschichte der Konzertinas bietet seit November 2005 der Konzertina-Artikel im Wikipedia-Online-Lexikon

Sie finden hier Informationen über:

Die Deutsche Konzertina

Foto "Ur-Konzertina"
Eine "Ur-Konzertina"
(C.F. Pirner, Chemnitz, ca. 1855)
Abbildung mit freundlicher Genehmigung:
Harry Geuns (http://www.bandonion-maker.com)


Carl Friedrich Uhlig lernte in Wien eine "Handäoline" kennen, die ihm gefiel, aber doch nicht so ganz. Er baute 1834 die erste eigene "Conzertina", ein rechteckiges Instrument mit fünf Knöpfen auf jeder Seite.

Das Nachfolgemodell war mit den heute noch gebauten "Deutschen Konzertinas" praktisch schon identisch: Es hatte zwar noch einen quadratischen Querschnitt, aber schon 10 Knöpfe auf jeder Seite, angeordnet in zwei Fünferreihen, eine C-Dur-Reihe und G-Dur-Reihe.

Allerdings nahm bei den in Deutschland gebauten Intrumenten die Anzahl der Töne rasch zu und der Querschnitt des Instruments blieb rechteckig (so wie bei der unten gezeigten Chemnitzer).

Die sechseckige Form kam erst auf, als die deutschen Konzertinaproduzenten versuchten, sich an den Erfolg der Englischen Konzertina in England anzuhängen. Die war zunächst ein Luxusprodukt für das Großbürgertum (siehe unten), bis Mitte des 19. Jahrhunderts die Deutschen Konzertinas als billige Alternative für jedermann auf den britischen Markt drängten. Bei diesen Export-Instrumenten war die Griffweise diatonisch wie bei Uhligs "Ur-Konzertina", die (sechseckige) Form aber der (chromatischen) englischen Wheatstone abgeschaut (deshalb nannte man eine Bauweise dieses "Zwitters" auch Anglo-German Concertina.)
In Deutschland selbst wurden und werden diese sechseckigen Instrumente kaum gespielt.
(Es gibt Hinweise auf eine gewisse Verbreitung an der Nordseeküste).

"Heutige" Deutsche Konzertinas:
Foto: Konzertina der Firma Hohner
Foto: Konzertina aus der Beschäftigungsgesellschaft Klingenthal
Foto: Konzertina von Robert Wallschläger

Ein einchöriges Modell von Hohner
Eine zweichörige Konzertina  aus Klingenthal (Beschäftigungsgesellschaft mittlerweile erloschen)
Eine handwerklich gefertigte Konzertina von R. Wallschläger
mp3 (82 KB) Tonleiter  je zwei Oktaven C-,  G-Dur
mp3 (85 KB) Tonleiter je zwei Oktaven G-, D-Dur
Die wichtigsten Unterschiede zu den heute gebräuchlichen Akkordeons:
  • Die Konzertinas sind wechseltönig: Auf Zug und Druck ertönt ein anderer Ton. (Man kennt das Prinzip von der Mundharmonika.) Dafür gab es sicher auch finanzielle Gründe (die Deutsche Konzertina war ein Arme-Leute-Instrument!): Soll auf Zug und Druck der gleiche Ton erklingen, bräuchte man die doppelte Anzahl an Stimmzungen! (Die Zunge erklingt nur, wenn die Luft von einer bestimmten Seite einströmt. Bei gleichtönigen Instrumenten braucht man für Zug und Druck zwei identische Stimmzungen, die eine spricht auf Zug an, die andere auf Druck). Durch diese Einsparung lässt sich das Instrument kompakter bauen: Ist bei einem gleichtönenden Instrument die Oktave 7 Knöpfe weit entfernt, so liegt sie bei den Konzertinas schon auf dem 3. Nachbarknopf!

  • Es gibt auf der Konzertina nur Einzeltöne! Will man einen Akkord erzeugen, muss man mehrere Knöpfe drücken. (Vielleicht kann man analog zu den Saiteninstrumenten von "Griffen" sprechen).

  • Konzertinas sind wie Mundharmonikas diatonisch, sie besitzen nur die Töne der entsprechenden Dur-Tonleitern (meistens C und G). Die meisten Halbtöne fehlen also. Der Nachteil: Man kann nur in zwei Tonarten spielen, blue notes und Tonartwechsel sind nicht möglich. Der Vorteil: Man kann sich praktisch nicht "vergreifen"! Wieviele Töne man in einer Reihe man auch drückt, es klingt immer harmonisch (Siehe Mundharmonika). Setzten sie sich aber einmal auf eine (chromatische) Klaviertastatur!? ;-)
Die Lage der Töne:
Alle Töne einer Deutschen Konzertina (C/G gestimmt)
(Grafik:Martin Doering, verändert KW)

Druck-Zug


Grafik: David Stephen

Darstellung des Systems  (Warum sind die Töne so angeordnet?)

Welcher Ton ist wo zu finden?  (javascript *.html-Programm)

Dieses html-Programm können Sie downloaden und mit Ihrem Browser offline verwenden: programm.html.

Ähnlich, aber zur Zeit noch komfortabler, funktioniert das Konzertina-Programm, das sich zum Lernen der Töne und zum Finden der Akkord-Griffe eignet.

Martin Döring hat auf seiner Seite eine Konzertina-Schule erstellt: Martins Schule

Die derzeit verfügbaren Konzertina-Schulen sind auf der Bücherseite kommentiert.

Zur Spielweise:
Vorweg: Eine Konzertina ist kein Akkordeon. Wer auf einer Seite Melodie spielen will und auf der anderen eine Akkordbegleitung, der soll gleich zum Akkordeon wechseln. Das ist genau dafür gebaut. Aber wer will das schon? ;-)
Prinzipiell gibt es drei Spielweisen:
  • Man spielt eine Melodie einstimmig auf einer Reihe. In der einstimmigen Spielweise "wandert" die Melodie bei großem Tonumfang von der einen Seite zur anderen. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber bald geht es ohne Problem. Diese Spielweise nenne ich: "Blockflötenspielweise".
    Ich habe mir angewöhnt, die Melodie auf der rechten Seite zu spielen, und gleichzeitig eine Oktav tiefer auch auf der linken (Bass-)Seite. Das klingt besonders bei der einchörigen Konzertina voller. ("einchörig": pro Ton gibt es nur eine Stimmzunge. Bei "mehrchörigen" Konzertinas klingen pro Ton mehrere Stimmzungen gleichzeitig.) Diese Spielweise nenne ich "Gedoppelte Spielweise".

  • Man spielt eine Akkordbegleitung. Die Konzertina ist ein leicht zu bedienendes Begleitinstrument. Egal ob man selber dazu singt oder andere Instrumente die Melodie übernehmen, mit der Konzertina ist es relativ einfach, eine harmonische und rhythmische Grundlage für einen Melodie zu schaffen. Man orientiert sich an den Akkordbezeichnungen, die bei vielen Stücken über den Noten stehen (Im Volksmund "Gitarrengriffe" genannt).
    Da es immer wieder verlangt wird, habe ich eine vereinfachte Grifftabelle für die CG-Konzertina erstellt: KonzGriffe.pdf

  • Melodie und Akkordbegleitung gleichzeitig. Hier muss man meistens tricksen, weil die Melodienoten die Balgbewegung vorgeben, aber der Akkord manchmal nur in der entgegengesetzten Balgbewegung spielbar ist. Diese Spielweise ist nur bei einfachen Stücken spontan möglich (z.B. beim Belgischer Walzer), in der Regel muss man das Stück arrangieren, was einige Erfahrung und etwas Musiktheorie erfordert. Fertig arrangierte Stücke gibt es auf dem Markt so gut wie keine. Diese Begleitung muss nicht nach Akkordeon klingen (wie der Belgische Walzer): In der Englischen Tradition semmelt man mit der linken Hand an passender Stelle ein oder zwei Begleittöne zur Melodie, die rechts gespielt wird, ohne dabei einem durchgehenden Schema zu folgen.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Konzertina so gedacht war. Ich selber komme von der Gitarre, und die spielt man genau so: Melodie zupfen ("Flatpicking"), Akkordbegleitung (schlagen oder "Picking" nach den Buchstaben über den Noten) oder beides gleichzeitig ("Fingerstyle"), aber da muss man arrangieren!
Möglicherweise habe ich nur mein "Gitarrenspiel" auf die Konzertina übertragen.
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Anglo Konzertina oder Anglo-German-Concertina

Der Name "Anglo-German" deutet die Zwitterstellung dieses Konzertinatypes an: Die Form (sechseckig) und der Klang wurden der Englischen Konzertina abgeschaut, die Anordnung der Töne (diatonisch, wechseltönig) kommt von der Deutschen Konzertina. Der Klang der Anglo ist typisch englisch: Ein feiner, näselnder Ton. Die Deutsche Konzertina klingt mehr nach Akkordeon. (Es gibt im unteren Preissegment auch sogenannte Hybrid-Instrumente: Drei Reihen, aber Akkordeonzungen) Die Anglo ist eine erweiterte Deutsche Konzertina. Zwei Reihen sind fast identisch, lediglich auf dem untersten Knopf der linken G-Reihe gibt es einen Unterschied. Die Anglo besitzt zusätzlich eine dritte Reihe mit je 5 Knöpfen. Sie enthält die Halbtöne, die den C- und G-Reihen fehlen. So kann man zwar nicht gerade in allen Tonarten spielen, aber die bluenotes in C-Dur und G-Dur stehen zu Verfügung. Je weiter man sich im Quintenzirkel von C- und G-Dur entfernt, desto kompizierter wird die Tonleiter!
Alle Töne einer Anglo-Konzertina (Wheatstone-System, C/G gestimmt)
(Grafik:Martin Doering) Achtung: Martin hat die internatinale Schreibweise verwendet:
B wird in Deutschland als H bezeichnet

Knopfbelegung auf der Anglo
Erklärung Darstellung: Druck/Zug
Anglo Konzertina, linke Seite    Anglo Konzertina, rechte Seite
Die chinesischen Instrumente (wie das hier dargestellte) haben links auf der X-Reihe auf dem 2. Knopf ein H im Zug (B statt Bb)!
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Englische Konzertina

Die Englische Konzertina wurde ca. 1830 von Charles Wheatstone (London) entwickelt. Sie wurde zunächst aus feinsten Materialien als Luxusartikel für die Oberschicht gebaut  und sollte die "altmodische" Geige in der klassischen Musik ablösen. Es hat nicht ganz geklappt. Erst als Mitte des Jahrhunderts billige "Deutsche" und "Anglo-German"-Konzertinas auf den Markt drängten (siehe oben), gab es plötzlich preisgünstigere Englische Konzertinas für das gemeine Volk. Die Englische Konzertina beruht auf einem völlig anderen Prinzip als die Deutsche Konzertina. Sie ist gleichtönig, d.h. bei Zug und bei Druck ertönt der selbe Ton. Die in der Tonleiter aufeinanderfolgenden Töne liegen abwechselnd auf der linken und der rechten Seite der Konzertina: Die Töne von Noten, die auf einer Notenlinie stehen, sind links, alle Töne von Noten, die zwischen zwei Notenlinien stehen, sind rechts (oder umgekehrt?) Jede Seite hat 4 Knopfreihen.
Englische Konzertina Die Töne der C-Dur-Tonleiter finden sich auf den inneren beiden Reihen (auf der Abbildung die weißen bzw. roten Knöpfe), die Halbtöne auf den äußeren beiden (auf der Abbildung leider schwarz und schlecht zu erkennen). Während die Deutsche und die Anglo Handschlaufen hat, wird die Englische Konzertina an den Daumen geschnallt (Lederschlaufe links im Bild) und mit dem kleinen Finger in dem Messingbeschlag abgestützt (im Bild rechts neben den Knöpfen). Mit den drei übrigen Fingern drückt man die Knöpfe, die hohen Töne oben, die tiefen unten.



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Große Konzertinas

Wie oben bei der "Deutschen Konzertina" schon erwähnt, blieb der Querschnitt der Konzertinas in Deutschland quadratisch. Es entwickelte sich eine Vielzahl von Typen mit unterschiedlichen Knopfanordnungen, Stimmungen, Klangfarben.



Die bekanntesten Bauweisen sind:
  • Bandoneon
  • Carlsfelder Konzertina
  • Chemnitzer Konzertina
Der Versuch, eine "Deutsche Einheitskonzertina" zu etablieren, ist fehlgeschlagen.
Hier die Abbildung einer Chemnitzer:
Chemnitzer Konzertina
Ich würde die verschiedenen Typen hier gerne vorstellen, bin allerdings auf Mithilfe von Kennern angewiesen.
Auf der Link-Seite sind die mir bekannten Konzertina-Homepages aufgeführt.

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